Diskussion Wie digital kann die Reha-Ausbildung sein? 26.10.2021

Für die Berufsbildungswerke war die Corona-Pandemie eine besondere Zeit, die im Bereich digitaler Lösungen neue Erkenntnisse und Ideen hervorgebracht hat. Doch wie digital kann die Reha-Ausbildung überhaupt sein? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion, die am 21. Oktober im Rahmen der außerordentlichen Mitgliederversammlung der BAG BBW in Berlin stattfand.

An der Debatte nahmen Dr. Annette Tabbara, Leiterin Abteilung V im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, und Claudia Reif, Bereichsleiterin Rehabilitation in der Bundesagentur für Arbeit, sowie Moritz Attila Bode und  Steven Schulze, die beide eine Ausbildung im Annedore Leber Haus in Berlin absolvieren, teil. Moderiert wurde die Diskussion von Tobias Schmidt, Vorstandsvorsitzender der BAG BBW. Er schilderte zum Auftakt der Gesprächsrunde, wie aus Sicht der BBW der Wechsel in die Heimlernphase funktionierte und vor welchen Herausforderungen Auszubildende und Mitarbeiter*innen standen. „Wir haben die Krise insgesamt sehr gut gemeistert, neue digitale und innovative Lösungen erarbeitet sowie neue Kommunikations- und Arbeitsprozesse eingeführt, von denen wir auch zukünftig profitieren werden“, so Schmidt. Er unterstrich zugleich, wie gut die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales funktionierte. „Gemeinsam haben wie schnell pragmatische Lösungen gefunden mit dem Ziel, dass niemand von unseren Teilnehmenden durch diese unvorhersehbare Situation auf der Strecke bleiben soll.“

Erfahrungen der Heimlernphase

Moritz Attila Bode und Steven Schulze berichteten, dass es zunächst sehr schwer war, sich in der Heimlernphase selbst zu organisieren und zu motivieren. „Natürlich fehlten vor allem die sozialen und direkten persönlichen Kontakte. Dazu kam eine große Ungewissheit, da niemand wusste, wie lange der Lockdown und das Heimlernen gehen würden. Dank der engmaschigen und regelmäßigen Betreuung durch die Mitarbeiter*innen im BBW konnten wir den Tag besser strukturieren und uns wieder selbst motivieren, natürlich mit allen Hochs und Tiefs“, schildert Steven Schulze seine Erfahrungen. Beide verwiesen auf die bürokratischen Hürden, auf die man immer wieder, etwa bei dem Genehmigungsverfahren für einen Laptop, gestoßen sei. „Hier wünsche ich mir kürzere bürokratische Wege, klarere Zuständigkeiten und pragmatischere Lösungen. Digitalisierung darf nicht an der Bürokratie scheitern“, macht Bode deutlich.

Lob für die Arbeit der BBW

Lobende Worte für die Arbeit der Berufsbildungswerke fand wiederum Dr. Annette Tabbara. „Sie haben unheimlich gute, findige, geradezu sensationelle Lösungen – auch digital ­– gefunden, um die Berufsbildungswerke weiter am Laufen zu halten“. Und auch Claudia Reif konnte aus den Regionaldirektionen der BA zurückmelden, dass die Zusammenarbeit mit den BBW gut gelungen sei und die tolle Leistung von den BBW, von den Mitarbeiter*innen und Teilnehmenden dort gesehen würde.

Digitalisierung mit Licht und Schatten

Berufsbildungswerke haben in der Coronakrise schnell alternative digitale bzw. hybride Lernangebote aufgesetzt und keinen der 15.000 Auszubildenden zurückgelassen. „Hybrides Lernen kann aber nur in Ausnahmesituationen wirken und den Ausbildungsalltag in den BBW maximal ergänzen. Denn alternative Lernformate können die praktische Ausbildung vor Ort nicht ersetzen“, betonte Schmidt. Ausbildung in einem BBW sei immer auch Beziehungsarbeit, die erst durch intensive pädagogische, aber auch medizinische und psychologische Begleitung funktioniere. „Es geht um die Vermittlung sozialer Kompetenzen und die Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmenden, und das funktioniert nur im Präsenzbetrieb“.

Gibt es in Zukunft nur noch digitale Ausbildung? Was verstetigen wir? Auf diese Fragen hatte Claudia Reif keine allgemeingültigen Antworten. Sie machte aber deutlich, dass BBW in einer sich stetig verändernden Arbeitswelt dynamisch und agil sein müssen. Berufsbilder und Kompetenzprofile würden sich immer wieder verändern. „Die Art der Durchführungsmaßnahmen müssen in den BBW geprüft und vor Ort konkrete Lösungen gefunden werden, auch in Abstimmung mit den Teilnehmenden. Wo es sinnvoll erscheint, sollte die Durchführung von alternativ durchgeführten Maßnahmen auch weiterhin möglich sein. Es braucht aber aus meiner Sicht den hohen praktischen Anteil“, so Reif.

Dem Ruf der BAG BBW nach einem Digitalpakt für die berufliche Bildung erteilte Annette Tabbara eine Zusage. Sie ginge davon aus, dass er im Laufe der nächsten Legislaturperiode aufgelegt wird.