Praxistag in Hettstedt "Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind gestiegen" 05.09.2018

Fünf Personen im Halbkreis im Gespräch in einer Metallwerkstatt

In der Metallwerkstatt zeigen Auszubildende den Gästen ihre Arbeitsplätze.

Über den Sommer hat Vanessa Ahuja verschiedene Einrichtungen der Behindertenhilfe besucht. Seit März 2018 leitet sie die Abteilung für die Belange behinderter Menschen, Prävention und Rehabilitation im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Erste Praxiseinblicke in die berufliche Reha von Jugendlichen verschaffte sie sich am 6. September 2018 im Berufsbildungswerk Hettstedt in Sachsen-Anhalt.

In Begleitung von Arsen Abajyan, zuständiger Fachreferent im BMAS, sowie Tobias Schmidt, Vorsitzender der BAG BBW und Tanja Ergin, Geschäftsführerin der BAG BBW, verschaffte sich die Nachfolgerin von Dr. Rolf Schmachtenberg neue Eindrücke von der Arbeit mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Kolping-BBW. Neben Ausbildungsbereichen und Internat stand auch ein Besuch auf dem dazugehörigen Bauernhof und Weinberg auf dem Programm.

BBW-Leiter Dr. Markus Feußner stellte gemeinsam mit seinem Team das breite Angebot an zusätzlichen Hilfe- und Dienstleistungen vor, mit dem das BBW seine Reha-Kernleistungen ergänzt: „In einer strukturschwachen Region, die den demografischen Wandel schon heute enorm spürt, müssen wir neue kreative Wege gehen, um im Wettbewerb zu bestehen.“ Dazu gehört, dass das Kolping-BBW seit dem 3. September 2018 als erster alternativer Anbieter nach § 60 SGB IX dazu beiträgt, das Bundesteilhabegesetz aktiv umzusetzen. Die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer können ab sofort anstatt in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) im BBW berufliche Bildung erfahren und gleichzeitig von dem breiten Angebot des BBW profitieren: Sie schnuppern in verschiedene Berufsfelder oder nehmen am Freizeitangebot von Seidenmalerei bis hin zum Quad-Fahren teil.

„Die Anforderungen an die Ausbilder, Pädagogen und Therapeuten sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen“, betonte Feußner. Psychische Erkrankungen seien bei den Teilnehmenden deutlich auf dem Vormarsch. 80 Prozent der Jugendlichen seien heute mit psychischen Diagnosen im BBW Hettstedt, oft kombiniert mit weiteren Teilhabeeinschränkungen. „Das fordert unsere Mitarbeiter enorm heraus und macht es nötig, unsere Reha-Konzepte vollkommen neu auszurichten“, so Feußner. Vor allem Arbeitgeber müssten entsprechend vorbereitet werden, um während der Ausbildung mit den Jugendlichen zu arbeiten oder sie anschließend einzustellen. Über Praktika und persönliche Kontakte zwischen Ausbildern, Betrieben und Bundesagentur für Arbeit (BA) gelinge dies jedoch immer wieder. Vorsitzender Tobias Schmidt ergänzte: „Die Stärke der Berufsbildungswerke ist es, Betriebe kompetent und verlässlich bei der Integration der Jugendlichen in Arbeit zu unterstützen. Das wissen Arbeitgeber zu schätzen.“

Von links: Arsen Abajyan und Vanessa Ahuja (beide BMAS) im Weinberg des BBW Hettstedt mit Tobias Schmidt und Dr. Markus Feußner.

Die Vertreter der örtlichen Regionaldirektion der BA, Dr. Martina Scherer und Lars Nentwich, bestätigten, dass die Betriebe aus der Region vor allem Auszubildende aus Handwerk, Gartenbau und Hauswirtschaft suchten.

Insbesondere kleine Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern seien auf der Suche nach ausgebildeten Fachkräften, die sie selber ohne das BBW nicht ausbilden würden. „Hier erleben wir Betriebe und Kammern als immer noch sehr zurückhaltend. Sie vertrauen auf Spezialeinrichtungen wie das BBW“, so Scherer.

BMAS-Abteilungsleiterin Ahuja war von der Arbeit des BBW Hettstedt beeindruckt und lobte insbesondere die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit vor Ort. Ahuja sicherte zu, für die Themen der Berufsbildungswerke weiterhin offen zu sein: „Wir haben den Tag sehr genossen und viel gelernt. Danke an den Geschäftsführer und die gesamte Belegschaft für ihr Engagement für die Inklusion behinderter Menschen und die berufliche Rehabilitation junger Menschen. Wir bleiben im Gespräch, gerne in Berlin oder vor Ort im BBW.“