Parlamentarischer Abend 2019 BBW als Vorbereiter für unterstützende Technologien 13.09.2019

Die BAG BBW hat auf ihrem Parlamentarischen Abend am 11. September 2019 der Politik in Berlin Beispiele aus der Praxis vorgestellt, die zeigen, wie digitale Transformation in der Ausbildung und in Kooperation mit Unternehmen auf dem ersten Arbeitsmarkt gelingen kann.

Das Thema in diesem Jahr lautete "Digitale Tools in der betrieblichen Ausbildung - berufliche Reha innovativ gestalten". Viele Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktionen waren in die Parlamentarische Gesellschaft gekommen, um sich über die Aktivitäten der Berufsbildungswerke zur Vorbereitung von Auszubildenden auf den Arbeitsmarkt 4.0 zu informieren und auszutauschen.

Vorsitzender der BAG BBW, Tobias Schmidt, stellte in seiner Begrüßung heraus, dass Digitalisierung als unterstützende Technologie zu verstehen ist und nicht als Ersatz von Arbeitskräften. "Schon heute können Technologien eine wichtige Hilfe vor allem für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben sein: Sprachausgaben überbrücken Lese- oder Seheinschränkungen, Visualisierung ersetzt gesprochene Anleitung oder Anweisung für Menschen mit Hörschädigung." Berufsbildungswerke stehen laut Schmidt schon heute vor einer großen Chance, "denn die Digitalisierung hat das Zeug dazu, jene Barrieren auszugleichen. Wir müssen wir uns jetzt diesem Wandel anpassen und alle dabei mitnehmen." 

Der Schirmherr der Veranstaltung Uwe Schummer, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, betonte in seinem Grußwort: "In einer sich rasant ändernden Arbeitswelt sind Berufsbildungswerke wichtige Partner. Sie bereiten die junge Menschen auf das Berufsleben vor, schaffen Lebensperspektiven und sichern Fachkräfte für die Unternehmen." 

Berufsbildungswerke sind wichtige Partner für die Wirtschaft in einer sich rasant ändernden Arbeitswelt
Uwe Schummer MdB, CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Das Berufsbildungswerk Potsdam zeigt eindrucksvoll, wie das Berufsfeld Druck- und Medientechnik mithilfe von Virtual Reality (VR) -gestützten Lernmedien passgenau für Jugendliche mit Behinderungen gestaltet und weiterentwickelt werden kann. Lern- und Arbeitsschritte werden mit digitalen Tools an die Bedarfe der Auszubildenden angepasst und machen darüber hinaus "richtig Spaß". "Die VR-Brillen bringen Abwechslung. Und wenn ich mal einen Fehler an der echten Druckmaschine mache, dann hat das gleich schlimmen Konsequenzen. In der virtuellen Druckhalle können wir uns gefahrlos bewegen und ausprobieren", berichteten die beiden Auszubildenden Erric Berger und Darius Karras. Ausbilderin Christina Hanck hat sich zum Ziel gesetzt, dass die in Potsdam im Rahmen des Projekts "InProD2" erprobten Anwendungen künftig für alle Berufsbildungswerke zum Einsatz kommen können.

Wie Inklusion und dauerhafte Teilhabe von Menschen mit Behinderung durch Digitalisierung auf dem ersten Arbeitsmarkt gelingen kann, zeigte die Firma Schmaus aus der Nähe von Chemnitz. Dafür wurde der Bürobedarf-Lieferant bereits mehrfach für sein Engagement ausgezeichnet - 2018 mit dem Inklusionspreis der Wirtschaft. Der kleine Familienbetrieb hat ein hohes Inklusionspotential: von den 44 Mitarbeitenden haben 12 eine Schwerbehinderung. Damit kommt die Firma Schmaus auf eine Schwerbehindertenquote von 27 Prozent und macht vielen großen Unternehmen vor, dass Inklusion keine Frage des Geldes, sonder der Haltung ist.

"Unser Mitarbeiter mit Schwerbehinderung sind hoch motiviert, loyal und bringen ihre spezifischen Fähigkeiten mit vollem Einsatz bei uns ein. Ihre Beeinträchtigung spielt dabei kaum eine Rolle und kann mit digitalen Assistenzsystemen sogar ausgeglichen werden", so Prokuristin Daniela Schmaus. Mit Datenbrillen sind etwa ihre Mitarbeitenden mit einer Hörbehinderung in der Lage, ihre Arbeitsaufgaben in der Kommissionierung selbstständig und ohne zusätzliche Unterstützung, etwa von Kolleginnen oder Kollegen, zu erledigen.

Den Umgang mit den Brillen haben drei der Mitarbeitenden schon vor ihrem Wechsel zur Firma Schmaus im Berufsbildungswerk Leipzig gelernt.

Wir brauchen Strukturen, die uns Spielraum geben, Neues immer wieder auszuprobieren.
Samuel Breisacher, Vorstand BAG BBW

"Für die Vorbereitung und den Übergang von Menschen mit Behinderungen auf den ersten Arbeitsmarkt sind Berufsbildungswerke wichtige Partner", hob der  Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionadirektion Sachsen, Klaus-Peter Hansen, hervor. BBW könnten individuell die passenden digitalen Unterstützungs-Systeme finden und die Ausbildung entsprechend darauf ausrichten. Somit stünden für Arbeitgeber selbstbewusste Fachkräfte bereit, die genau wüssten, mit welchen Assistendiensten sie vollen Einsatz bringen können. Hansen betonte außerdem, dass Mitarbeiter mit Behinderung in der eigenen Belegschaft - auch in der BA - einen Perspektivwechsel anstießen, den keine Change-Management-Schulung ersetzen könnte.

Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, machte in der Diskussion deutlich, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Behinderungen in erster Linie über Ressourcen verfügten, die in den Vordergrund gerückt werden müssten.  

Zum Abschluss betonte Samuel Breisacher, Vorstandsmitglied der BAG BBW, wie wichtig es für Berufsbildungswerke heute und vor allem in Zukunft sei, die entsprechenden Frei- und Experimentierräume zu erhalten, um den digitalen Wandel in der beruflichen Rehabilitation vorzubereiten. "Keiner kann heute sagen, welcher Beruf sich wie genau verändern wird und bis wann. Deswegen brauchen wir Strukturen, die uns Spielraum geben, Neues immer wieder auszuprobieren, auch und gerade dann, wenn es mal nicht klappt."

Bildnachweis

Für die Fotos  in der Bildergalerie: © BAG BBW |  Thomas Rosenthal (Fotograf)