Ausbildungsregelungen
Besondere Ausbildungsregelungen werden von den Handwerkskammern (auf Antrag) für junge Menschen mit Behinderung getroffen, für die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung eine betriebliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nach den verbindlichen Ausbildungsordnungen nicht in Betracht kommt. Ausbildungsgänge nach diesen Ausbildungsregelungen sind so modifiziert, dass sie die besonderen Bedingungen behinderter Auszubildender berücksichtigen. So werden zum Beispiel fachpraktische Inhalte und Prüfungsanforderungen im Vergleich zur Fachtheorie stärker gewichtet oder auch fachpraktische Anteile ausgeklammert, die aufgrund einer Behinderung nicht absolviert werden können.
Bundeseinheitliche und regionale Regelungen
Die Rechtsgrundlagen für die Ausbildungsregelungen finden sich in den §§ 65 bzw. 66 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) und in den §§ 42 l bzw. 42 m der Handwerksordnung (HwO). Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat bereits 1978 eine Empfehlung zur Entwicklung bundeseinheitlicher besonderer Ausbildungsregelungen für behinderte Menschen verabschiedet, um die Chancengleichheit beim Bildungszugang zu verbessern.
Darüber hinaus haben die Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern in der Folge regionale Ausbildungsregelungen erlassen. Diese regionalen Ausbildungsregelungen unterscheiden sich voneinander erheblich in ihrem Anforderungsniveau.
Nach dem vom BIBB herausgebenen Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe gibt es derzeit eine Vielzahl von Ausbildungsregelungen für behinderte Auszubildende, die rund 150 Berufe betreffen. Das Verzeichnis kann bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit eingesehen werden.
Fachpraktiker-Berufe
Die Ausbildungen nach besonderen Ausbildungsregelungen hatten über lange Zeit viele unterschiedliche Bezeichnungen, beispielsweise: Werker, Fachwerker, Bearbeiter, Fachkraft, Facharbeiter etc. Um diese zu vereinheitlichen und vergleichbarer zu machen, hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) eine neue Rahmenregelung und Musterregelungen für einige Berufe vorgelegt, zum Beispiel:
Fachpraktiker/Fachpraktikerin
- für Bürokommunikation
- Hauswirtschaft
- für Holzverarbeitung
- Küche (Beikoch/Beiköchin)
- für Metallbau
- im Verkauf
- für Zerspanungsmechanik
Musterregelungen für weitere Berufe sollen folgen.
Zugangsvoraussetzungen und Ausbildungsorte
Bevor eine Ausbildung nach besonderen Regelungen für behinderte Auszubildende ins Auge gefasst wird, ist stets zu prüfen, ob – mit entsprechender Ausstattung (technischen Hilfen), ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH), Prüfungsmodifikationen, Ausbildungserleichterungen wie zum Beispiel Verlängerung der Ausbildungszeit – eine Ausbildung nach der regulären Ausbildungsordnung möglich ist. Eine Ausbildung nach besonderen Ausbildungsregelungen wird bei der Kammer beantragt, die für den Ausbildungsberuf zuständig ist.
Um herauszufinden, ob Art oder Schwere der Behinderung entsprechende Ausbildungsregelungen erfordern, ist eine differenzierte Untersuchung der Eignung bei der Agentur für Arbeit notwendig. Erste Ansprechpartnerin ist dabei die Berufsberatung für Menschen mit Behinderung. Bei der Untersuchung werden Gutachten der Fachdienste der Agentur für Arbeit und Stellungnahmen der Schule berücksichtigt. Bei Bedarf können Maßnahmen zur Berufsfindung und Arbeitserprobung vorgeschaltet werden.
Besondere Ausbildungsregelungen für behinderte Jugendliche kommen bei diesen Ausbildungsformen in Betracht:
- in einem Ausbildungsbetrieb,
- in einem Berufsbildungswerk (BBW),
- in einem Berufsförderungswerk (BFW),
- in sonstigen Rehabilitationseinrichtungen und
- im Ausnahmefall bei einer Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE).
Wenn es der Leistungsstand während der Ausbildung erlaubt, sollte und kann eine Ausbildung nach besonderen Regelungen für behinderte Auszubildende (§ 66 BBiG/§ 42 m HwO) auch nach der regulären Ausbildungsordnung fortgesetzt werden. In jedem Fall können Prüfungsmodifikationen beantragt werden.